Das Milgram-Experiment
Im Jahr 1961 führte der Psychologe Stanley Milgram ein Experiment durch, das großes Aufsehen erregte. Er engagierte dafür Schauspieler, die einen Schüler und einen Versuchsleiter spielten. Die tatsächliche Versuchsperson war nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass es sich um eine Inszenierung handelte. Sie sollte den Schüler Wortpaare abfragen und ihm bei Fehlern einen elektrischen Schock verpassen. Bei jedem weiteren Fehler stieg die Intensität des Elektroschocks. Der Schauspieler bekam in Wahrheit keine Stromschläge, spielte aber die Schmerzen sehr überzeugend. Die Versuchsperson durfte das Experiment jederzeit abbrechen. Allerdings bestärkte der Versuchsleiter sie bei Zweifeln, ob man das Experiment weiterführen sollte, dass eine Fortführung nötig sei. Mit jedem weiteren Zweifel erhöhte der Leiter den Druck, indem er erklärte, dass die Bestrafung ausschlaggebend für den Erfolg des Versuchs sei. Ein Misserfolg sei nicht akzeptabel und der Leiter trage alle Konsequenzen. Die Mehrheit der Versuchsteilnehmer erteilte schließlich Stromstöße, die tödlich gewesen wären.
Wer denkt, dass sich das Experiment heute so nicht wiederholen ließe, irrt sich. 2015 änderte man die Parameter des Experiments kaum. Nur ein Viertel der Teilnehmer äußerte Bedenken wegen der Schmerzensschreie und 90 Prozent gingen bis zur höchsten Stromstufe. Die möglichen Gründe für die Unterwürfigkeit gegenüber einer Autorität sind schlüssig. So orientieren sich unentschlossene Personen in einer ihnen neuen Situation an anderen, speziell wenn jemand versichert, die Verantwortung zu übernehmen. Die Studie zeigt das erschreckende Resultat, dass auch heute noch die Mehrheit der Menschen unter gewissen Umständen einen hilflosen Menschen hinrichten würde.
